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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.03.2004
Aktenzeichen: 20 W 426/03
Rechtsgebiete: AuslG
Vorschriften:
AuslG § 57 II 1 Nr. 2 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
Entscheidung vom 15.03.2004
In dem Freiheitsentziehungsverfahren
betreffend die Inhaftierung des ... zur Sicherung seiner Abschiebung,
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main 28. Zivilkammer vom 18. November 2003 am 15. März 2004 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Anordnung der Abschiebungshaft rechtswidrig war.
Die Antragstellerin hat die außergerichtlichen Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
Gründe:
Am 21. November 2003 wurde der heute 49-jährige Betroffene in O1, ..., seiner Wohnanschrift, vorläufig festgenommen. Durch Beschluss vom 22. Oktober 2003 ordnete das Amtsgericht gegen den Betroffenen antragsgemäß Sicherungshaft für die Dauer von 14 Tagen an. Dabei ging es von dem Haftgrund des § 57 Abs. 2 Satz 2 AuslG aus .Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer für die Dauer von längstens zwei Wochen in Sicherungshaft genommen werden, wenn die Ausreisefrist abgelaufen ist und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Am 23. November 2003 wurde der Betroffene auf Veranlassung der Antragstellerin aus der Haft entlassen, weil auf Grund eines gerichtlichen Eilverfahrens die Abschiebungsmaßnahme nicht durchgeführt werden konnte.
Das Landgericht hat durch in dem angefochtenen Beschluss die Rechtswidrigkeit der amtsgerichtliche Haftanordnung verneint. Es geht davon aus, dass der Gesundheitszustand des Betroffenen seine Reisefähigkeit nicht ausschließe, so dass seine Abschiebung hätte vollzogen werden können.
Die gegen die landgerichtlichen Entscheidung gerichtete sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen hat in der Sache Erfolg.
Der Senat vermag der in dem Beschluss des Landgerichts zum Ausdruck kommenden Auffassung, dass bei Durchführbarkeit der Abschiebung nach Ablauf der Ausreisefrist ohne weiteres Abschiebungshaft angeordnet werden kann, nicht zu folgen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 13. Juli 1994 in den Sachen 2 BvL 12/ 93 und 45/93 (= NVwZ-Beil. 1994, 57 = InfAuslR 1994, 342 = DVBl. 1994, 1404 = EzAR 048 Nr. 13) entschieden, dass allein die Erfüllung der tatbestandlichen Merkmale der Haftgründe des § 57 Abs. 2 Satz 1 AuslG nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend erscheint, um zwingend die Rechtsfolge der Anordnung der Sicherungshaft auszulösen, wenn sich der Ausländer offensichtlich nicht der Abschiebung entziehen will. Nach Auffassung des Senats muss dies in gleicher Weise für den Haftgrund des § 57 Abs. 2 Satz 2 AuslG gelten.
Das Amtsgericht und das Landgericht hätten der Frage, ob sich der Betroffene der Abschiebung entziehen wollte, nachgehen müssen. Dies um so mehr, als nach der Aktenlage außer der bloßen Vermutung der Antragstellerin kein Anhaltspunkt dafür besteht, zumal der Betroffene an seiner Wohnanschrift festgenommen wurde.
In diesem Zusammenhang ist auch dem Gesundheitszustand des Betroffenen, der regelmäßiger ärztlicher Behandlung bedarf, nicht genügend Beachtung geschenkt worden. Bei einem von der Abschiebung betroffenen kranken Ausländer muss der Abschiebungshaftrichter ganz besonders genau prüfen, ob die Abschiebungshaft, die im Einzelfall einen gegenüber der Durchführung der Abschiebung schwerwiegenderen Eingriff in die persönliche Freiheit darstellen kann, verhältnismäßig ist. Dies ist nicht bereits der Fall, wenn der Ausländer reisefähig und abschiebungsfähig ist. Nach dem Krankheitsbild des Betroffenen, das der Antragstellerin bekannt war, dem Amtsgericht aber soweit ersichtlich nicht im einzelnen offengelegt wurde, ergeben sich erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Haft. In der nach der amtsgerichtlichen Entscheidung zu den Akten gereichten ärztlichen Bescheinigung (Bl. 19) ist das Krankheitsbild wie folgt beschrieben: KHK, insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit mehreren Komplikationen, diabetische Polyneuropathia, offene Beine, komplizierte Migräne mit Aura, chronische Gastritis, gastroösophageale Refluxkrankheit ohne Ösophagitis, z.n. Lungenödem, HWS Syndrom, LWS Syndrom, Zustand nach Analfistel rezidivierend."
In Anbetracht dieser Gesamtumstände hätte die Antragstellerin keinen Abschiebungshaftantrag stellen und Abschiebungshaft nicht angeordnet werden dürfen. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Verfahren beruht auf § 16 Satz 1 FEVG.
Ende der Entscheidung
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